Bei einem Bummel durch die autofreien kleinen Gassen des Ortes wird dem Besucher schnell klar, daß sich hier etwas verändert. Der "Plan de Excelencia Turistica" der andalusischen Landesregierung findet in Frigiliana einen seiner Höhepunkte. Schneeweiße Fassaden und eine perfekt renovierte Altstadt sind der erste Eindruck. Überall arbeiten Handwerker und beenden letzte Arbeiten. Sorgfältig wird darauf geachtet ein harmonisches Gesamtbild entstehen zu lassen. Frigiliana Der reichhaltige Blumenschmuck und das kunstvoll verlegte Pflaster laden zu einer Entdeckungsreise durch das Gassengewirr des "arabischen Viertels" ein. Die Erzählungen an den Kachelbildern des "Barrio Mudejar" lassen den Besucher dabei oft an idyllischen Plätzen verharren und helfen ihm, in die reiche Geschichte des Ortes einzutauchen.

Bereits vor 3.000 Jahren ließen sich Menschen in Frigiliana nieder. Die gefundenen Reste einer "Nekropolis" (Totenstadt, Begräbnisstätte im Altertum) zeigen, dass etwa 700 v. Chr. die Phönizier hier siedelten. Der Name der Stadt geht jedoch auf römische Ursprünge zurück. "Fraxinius ana" wurde dieser Ort genannt, das bedeutet im übertragenen Sinne "Platz der Eschenbäume".


Arabische Blütezeit
Frigiliana Wie viele Städte Andalusiens entwickelte auch Frigiliana während der arabischen Epoche seine Blütezeit. "Fragiliana" (arabischer Name) gehörte damals zum Grenzgebiet des Reiches Granada. 22 Siedlungen der Axarquía erhielten im 9. und 10. Jahrhundert besondere Unterstützung aus der Hauptstadt. Während der Regentschaft von "Nazari" wurde ein Plan entwickelt, der die Herstellung von Öl, Rosinen und Feigen, sowie die Zucht von Seidenraupen förderte. Das milde Klima in Frigiliana, durch den Schutz der angrenzenden Sierra Almijara , bot hierfür ideale Voraussetzungen. "Fragiliana" entwickelte sich zu einem Zentrum für Handel und Handwerk. Eine Befestigungsanlage entstand, deren Schutz der Stadt weiteren Bevölkerungszuwachs sicherte.

Dieser "Schutz" sollte der Stadt jedoch später zum Verhängnis werden. Bereits im August 1487 wurde Málaga von den katholischen Truppen eingenommen. Der Rückzug vieler Araber in die befestigten Ortschaften des Hinterlandes war den neuen Machthabern ein Dorn im Auge. Übergriffe der Araber auf die katholische Truppen waren an der Tagesordnung. 1569 wurde die große Offensive beschlossen. Die nachfolgende blutige Schlacht spielt in der Geschichte von Frigiliana und seinen Nachbarorten auch heute noch eine große Rolle. Frigiliana feiert jedes Jahr zwischen dem 11. und 13. Juni ein großes Fest im Andenken an dieses historische Ereignis. Laienaufführungen, Straßenfeste und Wettbewerbe erinnern an die "Schlacht am Peñon de Frigiliana".


Blutige Revolte
Die Inquisition ging um. Das Verbot der maurischen Sprache und der arabischen Gewänder führte zu Widerstand in der überwiegend muslimischen Bevölkerung. Gerüchte von Kindesentführungen und grausamer Folter heizten das Klima an. Andres el Chorairan aus Sedella wollte die Rebellion. Doch es gab noch andere Stimmen. Luis Mendez, ein einflussreicher Maure aus Canillas, versuchte zwischen dem Rebellen und den Katholiken zu vermitteln. Als jedoch Andres el Chorairan ein christliches Wirtshaus stürmte und mehrere Besucher tötete, ließ ihn der zuständige Richter Luiz Mendez verhaften, foltern und töten.

Frigiliana In einer Prozession der Bevölkerung zu ihrer Moschee in "La Rábita de Canillas" wurde nun der Schutz Allahs erfleht. Ein alter Mann prophezeite den Mauren, dass sie "nicht den Ort verlassen sollten, an dem sie Jahrhunderte gelebt haben" und empfahl den jungen Männern "die Felsen von Fragiliana zu besetzen, die immer sicher gewesen waren". Francisco de Rojas hisste die rote Flagge mit dem grünem Halbmond seiner Vorfahren auf dem Platz von Canillas und Tausende Araber rüsteten sich für den großen Kreuzzug. Aus allen Orten der Axarquía strömten sie herbei - festlich gekleidet und schwer bewaffnet. Dem Anführer, Martin Alguacil, wurden durch Küsse auf seine Hände und die Kleider Ehrerbietungen bis in den Tod bezeugt.

"Fragiliana" wurde zur letzten Festung des arabischen Widerstandes. Voller Hoffnung den Felsen gegen die katholischen Truppen zu halten, wurde General Hernando el Darra, der im Castillo von Sedella letzten Widerstand leistete, zur Unterstützung gerufen. Diese Provokation konnten die katholischen Könige nicht dulden. Eine Armada von 800 Mann von See und 6.000 Mann von Land begann am 11. Juli 1569 mit dem Sturm auf die Felsen von "Fragiliana".


Die Schlacht war eine der blutigsten Kämpfe an der Südküste Spaniens. Die Widerständler ließen gewaltige Mühlsteine die Hänge hinabrollen, durch deren Mitte sie Pfähle gestoßen hatten. So rissen sie bis zu 50 Angreifer in die Tiefe. Doch alle Verteidigungsversuche blieben hoffnungslos. Auch das letzte Aufgebot von Frauen und Kindern vermochte nicht die Angreifer aufzuhalten. Hunderte stürzten sich über die Felsen freiwillig in den Tod, andere versuchten, mit ihren Kindern auf den Schultern, wie Bergziegen hüpfend, über die Felsen in das Hinterland zu gelangen. Über 500 tote Soldaten verzeichnete die arabische Front, 300 christliche Kämpfer starben - nahezu 1.000 Frauen und 300 Kinder wurden verschleppt. Die Befestigungsanlage wurde vollständig zerstört.
Frigiliana hatte noch 160 Einwohner. Nach den Worten von Perez de Hita, einem Chronisten dieser Zeit, lag ein furchtbares Schweigen über Frigiliana. Es blieben die verlassenen Berge, die toten Körper und die lebendige Stimme von Martin Alguacil: "Wenn wir für die Verteidigung unserer Freiheit sterben, wird uns die Mutter Erde wieder aufnehmen. Niemand soll sagen dürfen, daß die Menschen nicht für ihre Heimat zu sterben wussten."


Langsamer Wiederaufbau
Der "Graf von Frigiliana" ist neuer Herr dieser Gegend. Autorisiert und bevollmächtigt von den katholischen Königen beginnt er mit dem Wiederaufbau der Stadt. Das zerstörte Castell dient nun als Baumaterial für den luxuriösen Herrschaftssitz und die Gemeindekirche San Antonio. Teilweise sind die alten Bereiche dieses ehemals prachtvollen Anwesens heute noch zu entdecken - zum Beispiel die ehemalige Kapelle, in der heute ein Keramik- und Souvenirladen untergebracht ist.

Die unterschiedliche Nutzung des Herrschaftssitzes des Grafen spiegelt auch die zukünftige Entwicklung der Stadt wieder. Zunächst ist sie Feriensitz der Fürsten, während der Industrierevolution wird sie zur Olivenölfabrik. Später kommt die Verarbeitung von Zuckerrohr zu Honig (als einzige Fabrik in Europa) hinzu und am Ende ist hier eine Sägerei untergebracht, die die letzten Holzreserven der Umgebung für die Öfen der zahlreichen Minenbetriebe der Costa del Sol vorbereitete.


Frigiliana
Heute ist hier ein Andenkenladen und eine Cafeteria untergebracht, doch auch die alte Zuckerfabrik ist in dem aufwendigen Restaurierungsplan der Landesregierung berücksichtigt. Die Arbeiten gehen rasch voran. 1887, als die Bevölkerungszahl wieder auf fast 3.200 gewachsen ist, zerstört ein gewaltiges Erdbeben fast die gesamte Innenstadt.
Viele Bürger Frigilianas emigrieren nun. Vor allem Argentinien ist Traumziel der Auswanderer. Doch der Ort kann sich langsam erholen. 1904 erhält Frigiliana als einer der ersten Städte in dieser Region eine elektrische Straßenbeleuchtung. Die Arbeitsplätze in der Fabrik für Olivenöl, der Sägerei und der Fabrik für Zuckerrohrsirup gaben den Menschen eine bescheidene Hoffnung für die Zukunft.


Touristische Zukunft dank reicher Vergangenheit
Bereits in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts entdeckten die ersten Touristen das idyllische Bergdorf im Hinterland von Nerja. Besonders die sehr gut erhaltene arabische Altstadt faszinierte die Besucher. "Massentourismus" war ein Fremdwort. Frühe Entdecker erzählen gerne von den Erlebnissen mit der "Urbevölkerung". Die traumhafte Altstadt hat inzwischen auch zahlreiche Immobilien-Interessenten angezogen, die jetzt in luxusrenovierte Eigentumswohnungen einziehen. Andenkenläden verdrängen langsam den "Tante-Emma-Laden" und ältere Hausbesitzer üben sich in Immobilienspekulation. Doch der Boom hat auch Vorteile. Zahlreiche neue Arbeitsplätze entstehen und die jahrelange Abwanderung jüngerer Leute zu den lukrativerenKüstenorte ist beendet.

Frigiliana ist überzeugt, den richtigen Weg zu gehen. Dass der Ort herausgeputzt wirkt, macht sie eher stolz. Bereits 1982 und 1988 erhielt Frigiliana erste Preise für seinen Einsatz bei dem Wettbewerb "Verschönert Euer Dorf". Dies wird ihnen nun wieder gelingen. Da sind sich die ca. 3.300 Frigilianensen ganz sicher.

 

 

Jon Frederik Heitmann (geb. 1961), Fotograf und freier Journalist mit Wohnsitz in Südspanien ist Autor zahlreicher Fachbeiträge und Publikationen über Andalusien. Freundlicherweise stellte er uns diesen im Jahre 2000 auch im "aktuellen Spanienmagazin" (www.spanien-aktuell.com) veröffentlichten Artikel zur Verfügung.


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