Über den Dächern der Axarquía - Wandern in Andalusien

An einem schönen Novembermorgen um 8 Uhr 45 starteten wir am Marktplatz von Cómpeta zu unserer zweitägigen Wandertour in die Berge von Andalusien. Der 2.065 m hohe Maroma, der höchste Berg in der östlichen Axarquía war unser Ziel.

Entlang der alten Bewässerungsanlage in Richtung Canillas de Albaida dauerte es bei frühlingshaften Temperaturen und zügigem Marsch knapp zwei Stunden bis wir die Fábrica de la Luz, ein altes Wasser-Elektrizitätswerk aus den Zeiten Francos erreichten. Heute wird dieser Ort hauptsächlich von denEinheimischen der Umgebung am Wochenende zum picknicken und grillen genutzt. Hier sollte der eigentliche Ausgangspunkt unserer Wandertour sein und hier machten wir auch unsere erste Pause.

Ein älterer Mann, der sich um die Gebäude der Fábrica de la Luz kümmerte, sagte uns ganz selbstsicher, dass wir in spätestens zweieinhalb Stunden den Gipfel des Maroma erreichen würden. Erst am nächsten Tag sollten wir erfahren, wie wir uns täuschen ließen.

Weiter ging der Weg den schmalen Pfad am Bach entlang, vorbei an Palmen und kleinen Avocadohainen. Abgesehen von den Palmen und den anderen tropischen Früchten, hatten wir den Eindruck, in den Alpen zu sein. Lediglich die Temperatur von ca. 20 Grad im November zeigte uns, dass die Alpen doch rund 1.000 km weiter nördlich liegen.

Am Ende des Bachlaufes kamen wir zu einer großen Höhle, vorbei an einem einsamen, aber bewohntem Cortijo. Der Besitzer begrüßte uns freundlich und seine Hunde begleiteten uns noch eine ganze Weile. Kurz vor dem Cortijo del Chaparal trafen wir den nächsten älteren Spanier, der mit seiner Stihl Motorsäge einige Olivenbäume stutzte. Seit wir die Fábrica de la Luz verlassen haben, verging ca. 1 Stunde, aber der freundliche Spanier mit seiner Motorsäge war der Ansicht, daß wir in einer 1/2 Stunde den Gipfel des Maroma erreichen würden. Wandern in Andalusien kann kompliziert werden ;-)

Etwas ungläubig liefen wir den Weg weiter, bis wir einen jungen Spanier trafen, der uns fragte, wohin wir wollen. Als wir ihm sagten, dass wir auf den Maroma wollen, lachte er und sagte uns, dass wir hier ganz falsch seien. Javi, so hieß der junge Mann, führte uns dann zu einer Schneise zurück, die wir hinaufsteigen sollten. Javi lebt zusammen mit seiner Freundin und seinen Hunden in dem Cortijo del Chaparal. In Tore del Mar aufgewachsen fuhr er früher jedes Wochenende in die Berge, bis er sich entschloss, für immer in die Berge zu ziehen.

Ohne die Hilfe Javis wären wir wahrscheinlich irgendwo in Murcia herausgekommen. An dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank. Javi haben wir übrigens Jahre später zufällig wiedergetroffen, weil er in einem der Ferienhäuser, die wir vermieten, den Garten pflegte. So klein ist die Welt.

Bis wir den Feldweg (siehe Bilder oben) erreichten, mussten wir doch einige kleinere Pausen machen, denn das schwere Gepäck und vor allem das jahrelange Rauchen machten den Aufstieg sehr mühsam. Ohne Training nützt es nichts, einfach nur mit dem rauchen aufzuhören. Dafür war dieser Aufstieg zu schwer. Also, wer sich wie wir auf solch ein "Abenteuer" einlassen möchte, tut gut daran, vorher zumindest ein wenig zu trainieren.

Zwischenzeitlich hatte sich das Wetter leider gewaltig verschlechtert. Dichter Nebel zog auf und es kühlte merklich ab, so dass wir sogar leicht zu frösteln anfingen. Wiederum fühlten wir uns in die Alpen versetzt. In dem dichten Wald, durch den der Feldweg führte, fanden wir am Wegesrand erstaunlich viele Pilze.

Endlich waren wir oben - nicht am Maroma, aber immerhin oben. Der Nebel war wie weggeblasen, die Sonne strahlte und der Himmel hatte wieder diese herrlich blaue Farbe - so, wie wir Andalusien kennen. Wir liefen durch einen kleinen Pinienwald, als wir diesen verließen, blickten wir auf eine Grünfläche, die einem Golfplatz ähnelte. Das saftige Grün soweit im Süden Europas überraschte uns. Weiter ging es an grünen, saftigen Wiesen und schönen Pinienbäumen vorbei. Nunmehr schon fast 4 Stunden seit der Fábrica de la Luz unterwegs aber vom Maroma war immer noch keine Spur. Sollten wir nicht nach maximal 2 Stunden den Gipfel erreichen??? Liefen wir zu langsam? War der Spanier überhaupt schon mal auf dem Maroma?

Nun ging der Weg unterhalb des Bergkammes entlang, leider konnten wir das Meer nicht sehen, da das gesamte Tal in eine Nebeldecke eingehüllt war. Aber auch dieser Blick war wirklich einzigartig. Wir trafen eine kleine Gruppe Spanier aus einem kleinen Dorf nahe Granada, die hier oben Pilze sammelte. Diese spezielle Sorte ist in Barcelona eine Delikatesse und kostet ca. 6 Euro pro Kilo - eine lukrative Angelegenheit für die lustige und nette Gruppe. Leider war der Rotwein der Gruppe schon leergetrunken.

Langsam wurde es dunkel und unsere Kräfte schwanden, so dass wir uns um einen schönen Platz umsehen mussten, an dem wir übernachten konnten. Er sollte möglichst geschützt sein, da wir nur einen kleinen Windschutz bei uns hatten. Wir kochten ein kleines Abendessen und legten uns schon um 19 Uhr zum schlafen nieder - wir waren todmüde. Nach wenigen Sekunden schliefen wir bereits tief und fest. Aber auch im tiefsten Andalusien ist die moderne Technik weit fortgeschritten: um 21 Uhr klingelte das Handy. So unangenehm dies war, aber nur weil wir geweckt wurden konnten wir den traumhaften Blick in's Tal genießen. Der Nebel war verschwunden und wir konnten die hell erleuchteten Dörfer Canillas de Albaida, Cómpeta, Corumbela, Sayalonga, ja sogar die Küsten von Torre del Mar und Málaga bis nach Gibraltar sehen.

Am nächsten Morgen um 9 Uhr ging es weiter in Richtung Maroma. Nach ca. einer Stunde wurde der Untergrund felsig und wir mussten über immer mehr Geröll steigen. Einige Ziegen, denen wir begegneten, schauten uns an, als wollten sie uns fragen: Was macht ihr denn hier oben?

Gott sei Dank fanden wir noch eine Quelle, da unsere Wasservorräte nahezu aufgebraucht waren. Auch die eine oder andere Pause mussten wir noch einlegen, denn die Rucksäcke wurden immer schwerer. Aber gegen 13 Uhr hatten wir es endlich geschafft. Wir hatten den Gipfel des Maroma erklommen.

Nachdem wir die obligatorischen Photos machten und auch einen Zettel mit unseren Namen und dem Datum in einem der Gipfelbriefkasten hinterlegten, mussten wir uns auch schon wieder an den Abstieg machen. Leider gibt es vom Maroma hinab keine Wege, man muss sich den Weg durch das Geröll bahnen und sich an den Steinmännchen orientieren - sofern man sie sieht. Der Abstieg wurde länger und länger. Einige Male fragten wir uns, ob dies der richtige Weg sei. Nach ca. einer Stunde sahen wir dann das erste Mal Canillas de Aceituno. Einerseits waren wir beruhigt, andererseits wollten wir ja eigentlich ca. 16,5 km weiter westlich, nämlich in Cómpeta herauskommen.

Doch die Zeit war schon vorangeschritten, so dass wir zwangsläufig den Abstieg nach Canillas de Aceituno wählten. Die Knie taten uns weh und langsam platzen die Blasen an den Füßen auf, so dass unserer Wanderstrümpfe rot eingefärbt wurden.

Gegen 18 Uhr 30 hatten wir es endlich geschafft. Wir waren in Canillas de Aceituno und wurden von einer Reihe älterer Männer an der Kirche wie Weltwunder begutachtet. Wir sahen sicherlich viel mehr als müde aus.

Mit letzter Kraft schleppten wir uns in das nächste - es war auch das einzige - Restaurant. Es war zwar noch etwas früh, aber der Wirt brachte uns trotzdem neben Unmengen an Getränken ein typisch andalusisches Abendessen. Müde aber sehr stolz ließen wir die letzten beiden Tage Revue passieren. Gegen 21 Uhr brachte uns dann der Taxifahrer - er war oh Wunder auch gleichzeitig der Wirt des Restaurants - für umgerechnet 12 Euro über Sedella und Salares zurück nach Cómpeta. Irgendwie haben wir aber etwas falsch gemacht, denn nach Aussage der gastfreundlichen Spanier hätten wir bereits am Vortag gegen 13 Uhr den Gipfel des Maroma erreichen müssen...

Soviel zu unserer Wanderung in Andalusien