Torremolinos - Im Wandel der Zeit
Die "Mühlen am Turm" (Molinos de la Torre) waren über Jahrhunderte das auffälligste Kennzeichen des Ortes, der inzwischen
eher durch eine beindruckende Skyline von Hochhäusern beeindruckt. "Wasser" war noch vor 70 Jahren die Basis dafür,
das die Gemeinde im bescheidenen Wohlstand lebte. Nirgendwo sonst an der Costa del Sol ist ein solcher Reichtum an qualitativ
hochwertigen Quellwasser vorhanden.
Die zahlreichen Quellen wurden schon von den Phöniziern und Römern genutzt. Doch zu einer effektiven Nutzung kam es erst durch
die Araber. Aufwändige Bewässerungssysteme bis tief in das Land und die mechanische Nutzung der Wasserkraft führten zu einem
erheblichen wirtschaftlichen Aufschwung der Region. Zur Sicherung bauten die Araber entlang der gesamten Küste ein System von
Befestigungsanlagen auf. Auch Torremolinos erhielt einen mächtigen Wehrturm, der Stadt und Hinterland vor feindlichen Angriffen
schützen sollte.
Erste geschichtliche Erwähnung findet Torremolinos allerdings erst in der Zeit der Reconquista. 1498 von den Katholischen Königen
zurückerobert wird "Molinos de la Torre" als "sehr kultiviert" beschrieben, ausgestattet mit "einer großen Anzahl
von Wasserquellen hervorragender Qualität". 1502 wird das wertvolle Land, das in dieser Zeit die ganze Region mit Wasser
versorgte, der Hoheit der Stadt Málaga unterstellt. "Molinas de la Torre" erhält einen neuen Namen: "Torres de
Pimentel". Die Namensgebung erfolgt als Anerkennung für Rodrigo Pimentel, Graf von Benavente, der die Katholischen Könige
während der Belagerung der Stadt Málaga mit Pferden und Lebensmitteln versorgt hatte.
Auch der Turm wurde nun in "Torre de Pimentel" umbenannt und diente den Christen für die nächsten dreihundert Jahre
als Verteidigungsposten gegen Piraten und Engländer. Durch ein Feuer an seiner Spitze sollen die Bewohner der Stadt und des
Hinterlandes vor Angreifern gewarnt werden. Trotzdem wurde der Ort immer wieder Ziel von Angriffen. 1704 versagte allerdings
das ausgeklügelte System. Sir George Rooke und seine englisch-holländische Flotte raubten alle Vorräte und brannten die Stadt
bis auf die Grundmauern nieder. Auch sämtliche Mühlen wurden von den Engländern bei diesem Überfall zerstört.
1849 hat Torremolinos 249 Häuser mit 1.100 Einwohnern, eine Gemeindekirche San Miguel, ein kleines Gefängnis, eine Schule und
natürlich die Quellen, deren Wasser zu humanitären Zwecken verteilt und zur Betreibung der nun wieder zahlreich vorhandenen
Mühlen genutzt wird. Auf einer noch von den Arabern angelegten Wasserstrecke von knapp 2.000 Metern befinden sich in dieser
Zeit nicht weniger als 14 Mühlen.
1920 besitzt Torremolinos bereits mehr als 3.000 Einwohner.
Es ist das einzige Gebiet in der gesamten Region, welches in den heißen Sommermonaten nicht unter Wassermangel leidet. Die
grüne Umgebung und der schöne Strand locken zunehmend Ausflügler aus Málaga an. Im Juni 1924 besinnt sich das Rathaus von
Málaga plötzlich auf eine uralte, längst vergessene königliche Verordnung. Nach dieser steht Málaga das Wasserrecht und die
Nutzung der Mühlen zu. Durch diese "Anexion" wurde Torremolinos praktisch eingemeindet.
Torremolinos mußte sich nach einer neuen Einkommensquelle umsehen. Reiche Bürger aus Málaga nutzen diese Gegend nun, um sich
"Häuser im Grünen" zu bauen und der Ort entwickelte eine neue Einkommensquelle: Den Tourismus.
Pionier bei der touristischen Entwicklung der Stadt war ein Engländer. George Langworthy - oder auch "Don Jorge", "El
señorito inglés" oder "El inglés de la peseta"- eröffnete 1930 die "Hacienda Santa Clara". Als Angehöriger der
"Königlichen Familie" stand ihm eigentlich eine große Zukunft bevor. Doch George Langworthy entschloß sich "Santa
Clara" zu einem Treffpunkt für Aussteiger aus aller Welt zu machen. Carlotta Tettamanzy folgte seinem Beispiel und eröffnete
das Hotel Miramar. Globetrotter und Individualisten waren die ersten Gäste.
In den 50er Jahren wachsen die Bereiche der Altstadt und der Viertel "El Calvario", "Bajondillo" und "La Carihuela" zusammen.
Weitere Hotels, wie die "Pension Juan Fernandez" und das "Hotel Pez Espada", entstehen. Torremolinos wird als Geheimtipp unter
Individualtouristen gehandelt und zahlreiche "Freaks und Hippies" entdecken diesen Bereich der Küste für sich. Der
amerikanische Autor James A. Michener beobachtet das unkonventionelle Leben der ausländischen Lebenskünstler, nutzt es als
Romanvorlage und landet einen Mega-Beststeller. "Die Kinder von Torremolinos" wurden zur Standardlektüre einer ganzen
Generation. Nicht wenige erinnern sich noch heute an die Beschreibungen aus dem Roman, wenn ihr Charterflieger in Málaga
landet. Als "schönste Landschaftsansicht der Welt" wurde der Blick von der Stelle beschrieben, an der man "die Berge
durchbricht und den ersten Blick auf die Stadt und das Meer genießt".
Ende der 60er Jahre planen die Politiker von Torremolinos die Unabhängigkeit ihrer Stadt. Der starke Zustrom von Touristen
und die damit verbundene wirtschaftliche Stärke des Ortes soll den eigenen Stadtkassen zugute kommen. 1968 veröffentlicht
"Dr. Pizarro" einen Artikel in einer Tageszeitung in Málaga, der die Rückgabe der Autonomie für Torremolinos fordert. Die Idee
findet viele Befürworter unter den Bürgern der Stadt und tatsächlich kann sich der Ort noch im selben Jahr vom Rathaus
Málaga unabhängig machen.
Die Haupteinahmequelle des Ortes ist inzwischen der Tourismus geworden. Auch wenn Torremolinos immer noch die größten Wasserreserven
an der ganzen Küste besitzt und bis zum heutigen Tag auf keine Fremdversorgung angewiesen ist, spielt das jetzt für die
wirtschaftliche Entwicklung keine große Rolle mehr. Die ehemals bedeutendste Mühle, die "Molino del Inca", wurde als Denkmal
restauriert und steht der Öffentlichkeit zum Besuch offen. Diese Mühle wurde im Gegensatz zu den meisten anderen Mühlen
nicht zur Papier-Verarbeitung, Olivenöl-Herstellung oder als Schmiede genutzt - hier wurde gebadet und sich entspannt. König
Alfonso XIII und Königin Victoria Eugenia liebten diesen Ort und kamen regelmäßig. Ein mit kunstvollen Mosaiken ausgelegtes Bad
stand exclusiv der Königin zur Verfügung. Der parkähnliche Garten verfügt über einen jahrhunderte alten Baumbestand, der auch
einen riesigen amerikanischen Walnuß-Baum beinhaltet.
Doch 250.000 Touristen jährlich machen der Infrastruktur der Stadt zu schaffen. Torremolinos verfügt alleine über 25% der
Gesamtzahl an Betten, die von Touristen für ihren Urlaub an der Costa del Sol gebucht werden können. Der Wasserverbrauch
schießt in den Sommermonaten von 23.000 Kubikmeter auf mehr als 50.000 Kubikmeter täglich und auch die wasserverwöhnten
Stadtplaner stoßen an ihre Grenzen.
Historische Viertel, in denen einstmals Handwerk und Fischerei beheimatet waren, sind inzwischen zu "Routen für Gourmets",
"Zentren der Schnäppchenjäger" oder zum "Treffpunkt der Guy-Scene" geworden. Die Immobilienpreise schnellen in die Höhe,
und die Masse der ausländischen Klientel läßt einheimische Anbieter bald aufgeben oder zwingt sie, ihr Angebot auf die
Bedürfnisse der Touristen zu verändern. Kaum einen anderen Ort hat der Touristen-Boom so verändert.
Trotzdem profitieren die meisten Menschen von dieser Entwicklung. Ein Appartement oder Hotelzimmer im Zentrum von Torremolinos
wird wohl überwiegend von Touristen gesucht, die Unterhaltung und keine langen Wege für den abendlichen Bummel wollen und
die meisten ansässigen Geschäftsleute verdienen nicht schlecht an dem nicht endenden Besucherstrom, der sich durch die
Gassen der Altstadt schlängelt.
Jon Frederik Heitmann (43), Fotograf und freier Journalist mit Wohnsitz in Südspanien ist Autor zahlreicher Fachbeiträge
und Publikationen über Andalusien. Freundlicherweise stellte er uns diesen auch im
"aktuellen Spanienmagazin" (www.spanien-aktuell.com)
veröffentlichten Artikel zur Verfügung.
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