Torremolinos - Im Wandel der Zeit



Torremolinos im August 2001

Die "Mühlen am Turm" (Molinos de la Torre) waren über Jahrhunderte das auffälligste Kennzeichen des Ortes, der inzwischen eher durch eine beindruckende Skyline von Hochhäusern beeindruckt. "Wasser" war noch vor 70 Jahren die Basis dafür, das die Gemeinde im bescheidenen Wohlstand lebte. Nirgendwo sonst an der Costa del Sol ist ein solcher Reichtum an qualitativ hochwertigen Quellwasser vorhanden.

Die zahlreichen Quellen wurden schon von den Phöniziern und Römern genutzt. Doch zu einer effektiven Nutzung kam es erst durch die Araber. Aufwändige Bewässerungssysteme bis tief in das Land und die mechanische Nutzung der Wasserkraft führten zu einem erheblichen wirtschaftlichen Aufschwung der Region. Zur Sicherung bauten die Araber entlang der gesamten Küste ein System von Befestigungsanlagen auf. Auch Torremolinos erhielt einen mächtigen Wehrturm, der Stadt und Hinterland vor feindlichen Angriffen schützen sollte.

Erste geschichtliche Erwähnung findet Torremolinos allerdings erst in der Zeit der Reconquista. 1498 von den Katholischen Königen zurückerobert wird "Molinos de la Torre" als "sehr kultiviert" beschrieben, ausgestattet mit "einer großen Anzahl von Wasserquellen hervorragender Qualität". 1502 wird das wertvolle Land, das in dieser Zeit die ganze Region mit Wasser versorgte, der Hoheit der Stadt Málaga unterstellt. "Molinas de la Torre" erhält einen neuen Namen: "Torres de Pimentel". Die Namensgebung erfolgt als Anerkennung für Rodrigo Pimentel, Graf von Benavente, der die Katholischen Könige während der Belagerung der Stadt Málaga mit Pferden und Lebensmitteln versorgt hatte.

Auch der Turm wurde nun in "Torre de Pimentel" umbenannt und diente den Christen für die nächsten dreihundert Jahre als Verteidigungsposten gegen Piraten und Engländer. Durch ein Feuer an seiner Spitze sollen die Bewohner der Stadt und des Hinterlandes vor Angreifern gewarnt werden. Trotzdem wurde der Ort immer wieder Ziel von Angriffen. 1704 versagte allerdings das ausgeklügelte System. Sir George Rooke und seine englisch-holländische Flotte raubten alle Vorräte und brannten die Stadt bis auf die Grundmauern nieder. Auch sämtliche Mühlen wurden von den Engländern bei diesem Überfall zerstört.

1849 hat Torremolinos 249 Häuser mit 1.100 Einwohnern, eine Gemeindekirche San Miguel, ein kleines Gefängnis, eine Schule und natürlich die Quellen, deren Wasser zu humanitären Zwecken verteilt und zur Betreibung der nun wieder zahlreich vorhandenen Mühlen genutzt wird. Auf einer noch von den Arabern angelegten Wasserstrecke von knapp 2.000 Metern befinden sich in dieser Zeit nicht weniger als 14 Mühlen.

1920 besitzt Torremolinos bereits mehr als 3.000 Einwohner.

Es ist das einzige Gebiet in der gesamten Region, welches in den heißen Sommermonaten nicht unter Wassermangel leidet. Die grüne Umgebung und der schöne Strand locken zunehmend Ausflügler aus Málaga an. Im Juni 1924 besinnt sich das Rathaus von Málaga plötzlich auf eine uralte, längst vergessene königliche Verordnung. Nach dieser steht Málaga das Wasserrecht und die Nutzung der Mühlen zu. Durch diese "Anexion" wurde Torremolinos praktisch eingemeindet.

Torremolinos mußte sich nach einer neuen Einkommensquelle umsehen. Reiche Bürger aus Málaga nutzen diese Gegend nun, um sich "Häuser im Grünen" zu bauen und der Ort entwickelte eine neue Einkommensquelle: Den Tourismus.

Pionier bei der touristischen Entwicklung der Stadt war ein Engländer. George Langworthy - oder auch "Don Jorge", "El señorito inglés" oder "El inglés de la peseta"- eröffnete 1930 die "Hacienda Santa Clara". Als Angehöriger der "Königlichen Familie" stand ihm eigentlich eine große Zukunft bevor. Doch George Langworthy entschloß sich "Santa Clara" zu einem Treffpunkt für Aussteiger aus aller Welt zu machen. Carlotta Tettamanzy folgte seinem Beispiel und eröffnete das Hotel Miramar. Globetrotter und Individualisten waren die ersten Gäste.

In den 50er Jahren wachsen die Bereiche der Altstadt und der Viertel "El Calvario", "Bajondillo" und "La Carihuela" zusammen. Weitere Hotels, wie die "Pension Juan Fernandez" und das "Hotel Pez Espada", entstehen. Torremolinos wird als Geheimtipp unter Individualtouristen gehandelt und zahlreiche "Freaks und Hippies" entdecken diesen Bereich der Küste für sich. Der amerikanische Autor James A. Michener beobachtet das unkonventionelle Leben der ausländischen Lebenskünstler, nutzt es als Romanvorlage und landet einen Mega-Beststeller. "Die Kinder von Torremolinos" wurden zur Standardlektüre einer ganzen Generation. Nicht wenige erinnern sich noch heute an die Beschreibungen aus dem Roman, wenn ihr Charterflieger in Málaga landet. Als "schönste Landschaftsansicht der Welt" wurde der Blick von der Stelle beschrieben, an der man "die Berge durchbricht und den ersten Blick auf die Stadt und das Meer genießt".

Ende der 60er Jahre planen die Politiker von Torremolinos die Unabhängigkeit ihrer Stadt. Der starke Zustrom von Touristen und die damit verbundene wirtschaftliche Stärke des Ortes soll den eigenen Stadtkassen zugute kommen. 1968 veröffentlicht "Dr. Pizarro" einen Artikel in einer Tageszeitung in Málaga, der die Rückgabe der Autonomie für Torremolinos fordert. Die Idee findet viele Befürworter unter den Bürgern der Stadt und tatsächlich kann sich der Ort noch im selben Jahr vom Rathaus Málaga unabhängig machen.

Die Haupteinahmequelle des Ortes ist inzwischen der Tourismus geworden. Auch wenn Torremolinos immer noch die größten Wasserreserven an der ganzen Küste besitzt und bis zum heutigen Tag auf keine Fremdversorgung angewiesen ist, spielt das jetzt für die wirtschaftliche Entwicklung keine große Rolle mehr. Die ehemals bedeutendste Mühle, die "Molino del Inca", wurde als Denkmal restauriert und steht der Öffentlichkeit zum Besuch offen. Diese Mühle wurde im Gegensatz zu den meisten anderen Mühlen nicht zur Papier-Verarbeitung, Olivenöl-Herstellung oder als Schmiede genutzt - hier wurde gebadet und sich entspannt. König Alfonso XIII und Königin Victoria Eugenia liebten diesen Ort und kamen regelmäßig. Ein mit kunstvollen Mosaiken ausgelegtes Bad stand exclusiv der Königin zur Verfügung. Der parkähnliche Garten verfügt über einen jahrhunderte alten Baumbestand, der auch einen riesigen amerikanischen Walnuß-Baum beinhaltet.

Torremolinos im August 2001

Doch 250.000 Touristen jährlich machen der Infrastruktur der Stadt zu schaffen. Torremolinos verfügt alleine über 25% der Gesamtzahl an Betten, die von Touristen für ihren Urlaub an der Costa del Sol gebucht werden können. Der Wasserverbrauch schießt in den Sommermonaten von 23.000 Kubikmeter auf mehr als 50.000 Kubikmeter täglich und auch die wasserverwöhnten Stadtplaner stoßen an ihre Grenzen.
Historische Viertel, in denen einstmals Handwerk und Fischerei beheimatet waren, sind inzwischen zu "Routen für Gourmets", "Zentren der Schnäppchenjäger" oder zum "Treffpunkt der Guy-Scene" geworden. Die Immobilienpreise schnellen in die Höhe, und die Masse der ausländischen Klientel läßt einheimische Anbieter bald aufgeben oder zwingt sie, ihr Angebot auf die Bedürfnisse der Touristen zu verändern. Kaum einen anderen Ort hat der Touristen-Boom so verändert.
Trotzdem profitieren die meisten Menschen von dieser Entwicklung. Ein Appartement oder Hotelzimmer im Zentrum von Torremolinos wird wohl überwiegend von Touristen gesucht, die Unterhaltung und keine langen Wege für den abendlichen Bummel wollen und die meisten ansässigen Geschäftsleute verdienen nicht schlecht an dem nicht endenden Besucherstrom, der sich durch die Gassen der Altstadt schlängelt.

Jon Fredrik Heitmann

Jon Frederik Heitmann (43), Fotograf und freier Journalist mit Wohnsitz in Südspanien ist Autor zahlreicher Fachbeiträge und Publikationen über Andalusien. Freundlicherweise stellte er uns diesen auch im "aktuellen Spanienmagazin" (www.spanien-aktuell.com) veröffentlichten Artikel zur Verfügung.

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