Fuengirola in Andalusien
Vor ein paar Jahren standen hier nur Fischerhütten erklärt der Vater seinem staunenden Junior am Paseo von Fuengirola.
Angesichts einer beinahe endlosen Reihe von Hochhäusern, die einzig den Zweck zu scheinen haben Urlaubsgäste zu beherbergen,
ist diese Vermutung nicht so abwegig. Doch Fuengirola verbirgt eine lange und interessante Geschichte, denn die Spuren der
Vergangenheit lassen sich nicht ganz einfach finden. Es sind hier fast alle Stationen spanischer Geschichte vorhanden.
Vor etwa 3.000 Jahren wurde dieser Teil der Küste zum ersten Mal von den Phöniziern und Griechen angesteuert, um hier Ableger
ihrer Kultur zu gründen. Málaga, unter den Phöniziern "Malacca", war die erste Siedlung, die an der Costa del Sol
entstand. Der Aufbau der Landwirtschaft und der Abbau von Silber, Gold, Bronze und Marmor waren die wichtigsten Ziele jener Zeit.
Eine weitere wichtige Aufgabe war die Konservierung von Fisch. Und hier tritt Fuengirola zum erstenmal in Erscheinung. Wie man
bei Bauarbeiten 1991 an der Flußmündung neben der Burg feststellte, befand sich an dieser Stelle vor etwa 3.000 Jahren eine Art
"Fischkonservierungsfabrik". Wie die Einheimischen diesen Ort benannten, ist leider nicht bekannt. Mit dem konservierten
Fisch wurde reger Handel mit den östlichen Mittelmeerländern betrieben. Er war wertvolles Tauschobjekt für Edelsteine,
ägyptische Amphoren oder griechische Vasen.
Die Griechen und Phönizier wurden dann um 540 v.C. von den Karthagern vertrieben, die die gesamte Küste Spaniens von Barcelona
bis Cadíz kontrollierten. Sie hatten ihr Handelszentrum in der heutigen Provinz Murcia, wo sie eine Schwesterstadt gründeten -
Carthago - das heutige Cartagena.
Im Jahre 206 v.C. schlugen die römischen Truppen die Karthager zurück auf den afrikanischen Kontinent und übernahmen die Herrschaft
in weiten Teilen Spaniens. Sie nannten es "Iberica", das "Land der Kaninchen".
An der Stelle der alten "Fischkonservierungsfabrik" wurde eine Ortschaft gegründet - "Suel", das heutige
Fuengirola. Den Hügel, wo heute die Burg steht, benannten sie "Fuent-jirola". "Fuent" wegen der Quelle, die
dort entsprang und "Jirola" bezieht sich auf eine in der damaligen Zeit übliche Art von Fischfang. Laut Überlieferung
steuerten die Fischer mit ihrem Fang diese Quelle an, um den Fisch hier zu säubern.
Die Römer fingen an in den Steinbrüchen von Mijas große Mengen von Marmor abzubauen, mit dem sie in ihrer Heimat Tempel und
Paläste erbauten. So erinnert zum Beispiel das Marmorportal am Strand von "Los Boliches" an jene Zeit. Diese
Marmorblöcke und Säulen wurden zum Verschiffen an den Strand transportiert. Auf Grund unbekannter Umstände kam es jedoch nie dazu.
Während 400 Jahre konnte sich Spanien am "Pax Romana", dem römischen Frieden, erfreuen. Auch die christliche Religion
faßte langsam Fuß. Im Jahre 400 n.C. wurden die römischen Truppen von den gefürchteten Goten und Westgoten geschlagen. Die
kriegerischen Stämme stammen aus dem heutigen Deutschland und wurden auch "Vandalen" genannt. Diese Stämme gaben der
Region den Namen "Vandalusien". Für die nächsten 300 Jahre waren sie die Herren Südspaniens.
Dann aber wurden sie im Jahre 711 von den Arabern geschlagen und nach Norden vertrieben. Die Araber benannten
ihre neuen Ländereien mit dem Namen "Al-Andaluz", hervorgegangen aus dem ursprünglichen
gotischen Wort. Im Jahre 883 bauten sie die Burg von Fuengirola und tauften sie nach den alten römischen
Namen "Suel" in "Suhayl" um. Während der nächsten 700 Jahre wurde die Burg Suhayl von den
Arabern als Festung genutzt. Langsam bildete sich eine Ortschaft mit gleichem Namen um die Burg. Sie wurde von Historikern jener
Zeit als sehr kultiviert bezeichnet.
Mit dem Fall der arabischen Herrschaft im Jahre 1485 durch die christlichen Truppen wurde auch die Ortschaft
"Suhayl" vollständig zerstört. Die noch lebenden Einwohner flüchteten nach Mijas.
Im Laufe der Jahre stabilisierten sich die Verhältnisse wieder und das Leben in Küstennähe wurde
um einiges sicherer. So wurde die heutige N-340 zu einem immer häufiger benutztem Verkehrs- und Handelsweg. Um
die Burg Suhayl, die nach der Wiedereroberung ausschließlich christliche Truppen beherbergte, entstand wieder
ganz langsam ein Dorf.
Zunächst eine "Venta", eine Herberge für Durchreisende oder Fischer, die sich in diesen Gewässern aufhielten. Um diese
Venta bildete sich das Dorf "Fuenjirola", das bis 1841 zum Rathaus von Mijas gehörte. Erst am 30. Mai dieses Jahres
hatte die Ortschaft genug Umfang und Selbstbewußtsein erlangt, um sich von Mijas abzulösen und ein eigenes Rathaus zu gründen.
Zu diesem Zeitpunkt hatte Fuengirola 15 Straßenzüge und 124 Häuser. Im Jahre 1867 hatte sich die Anzahl der Straßenzüge bereits
verdoppelt.
Am 27. Mai 1916 wurde die Bahnverbindung zwischen Fuengirola und Málaga eröffnet. Damit beginnt eine vollkommen neue Etappe für
das Küstendorf. Der Hauptbahnhof war das heutige Touristeninformationsbüro gegenüber der Markthalle. Endstation war der Bahnhof,
wo heute das "Casa de Cultura" steht. Fuengirola wurde als Feriengebiet entdeckt. Die Zahl der Besucher nahm so schnell
zu, so daß man sich noch im gleichen Jahr entschloß eine erste Uferpromenade anzulegen - den "Paseo de Suel". In dieser
Zeit wurde auch endgültig die Straßenverbindung nach Marbella befestigt. Der Weg, der bis dato existierte war von so schlechter
Qualität, daß Reisende von Málaga nach Marbella lieber über Coin reisten. Im Zuge dieser Straßenreform wurde auch die erste
eiserne Brücke über den Fluß gebaut.
Bis zum Jahre 1922 war die Anzahl der Straßenzüge bereits auf 52 angestiegen und Anfang der 30er Jahre wurden die ersten Hotels
an der Strandpromenade gebaut. Eine regelmäßige Busverbindung wurde eingeführt. Der ständige Fortschritt brachte immer mehr
Handwerksbetriebe in die Stadt, die hier für sich nach beruflichen Möglichkeiten suchten. Einer der ersten war übrigens ein
Deutscher, D. Juan Klaus, Sohn des damaligen deutschen Konsuls in Málaga, machte sich hier als Klempner selbstständig. Seine
Nachfahren betreiben heute noch eine Ferreteria in der Hauptstraße von Fuengirola.
Als in den 50er Jahren der Tourismus verstärkt zunahm, kam es zu einem massiven Zuwandererstrom aus dem Hinterland. Fuengirola bot
auf den Gebieten des Bau- und Hotelgewerbes viele Arbeitsplätze an. Die ersten Hotelblocks entstanden, wie zum Beispiel das noch
heute existierende "Hotel Florida". Viele der ausländischen Gäste reisten jetzt auch über den Flughafen Málaga an,
der inzwischen internationale Verbindungen erhielt. Eine direkte Verkehrsverbindung zwischen Fuengirola und dem Flughafen sorgte
für weiteren Zuwachs.
Spanien wurde zum "Modeurlaubsland" der Nordeuropäer und durch günstige Charterflüge in
den 70er und 80er Jahren entstand ein wahrer Wirtschaftsboom an der Küste. "Unterbringen um jeden
Preis" war das Motto und zahlreiche schwere Bausünden waren die Folge. Erst als Anfang der 90er Jahre der Boom
zurückging und zahlreiche Projekte nicht mehr fertiggestellt wurden, entschloß man sich zum Umdenken.
Durch eine behutsame Tourismusentwicklung, bei der eine moderne Infrastruktur und der landschaftliche Schutz im
Vordergrund steht, ist es gelungen die Touristen wieder für die Stadt zu gewinnen. Voraussetzungen, die auch
eine große Anzahl ausländischer Besucher dazu bewegte sich hier niederzulassen.
Heute ist Fuengirola eine lebendige Stadt mit über 60.000 Einwohnern und eines der urbanen Zentren der Costa del Sol.
Jon Frederik Heitmann (43), Fotograf und freier Journalist mit Wohnsitz in Südspanien ist Autor zahlreicher
Fachbeiträge und Publikationen über Andalusien. Freundlicherweise stellte er uns diesen auch im
"aktuellen Spanienmagazin" (www.spanien-aktuell.com)
veröffentlichten Artikel zur Verfügung.
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